Bei Sonne kann das ja jeder. Direkt von Freitag an machen wir uns Mut, denn die Wettervorhersage war sich bereits seit zwei Wochen sicher (und das ist sie ja bekanntermaßen sehr selten, wenn es auch nur um den nächsten Tag geht), aber für dieses Wochenende, ausgerechnet dieses Wochenende war sie sich sicher, ganz sicher, beängstigend sicher. Normalerweise ändert sich die Anzeige in der App täglich, als würde es immer neu ausgewürfelt werden, aber lassen wir das, es bringt ja doch nichts….es regnete als wir am Freitag auf dem Deichbrand-Festival ankamen, aber es regnete nur leicht.
The Wombats aus Liverpool betreten gegen 18 Uhr die Fire-Bühne und machen gleich klar, wo die Reise hingeht. „Moving to New York“ dröhnt aus den Boxen und die Menge tut, was sie tun soll, tanzen. Der Regen dampft auf der Menge, aber er kann uns nichts anhaben, denn der Sound macht uns glücklich. „I’ve met someone that makes me feel seasick“ kommt nun von der Bühne und die Leute hüpfen und singen zur ersten Single der Wombats, die 2007 in Großbritannien Gold wurde.
Die Geschwister von Felix und Till Kummer
Im Palastzelt macht sich derweil nun die Band Blond bereit. Die beiden Schwestern Nina und Lotta Kummer sind das Herzstück der Band, die mit Johann Bonitz am Bass und Synthesizer perfekt ergänzt wird. Die Band aus Chemnitz hat sich bei der Bühnengestaltung sowie den Kostümen mal wieder selbst übertroffen. Als hätte man eine Piɲata verdroschen und die Band wäre mit den ganzen Süßigkeiten auf die Bühne gepurzelt. Ein Traum aus Bonbonpapier und Rüschen. Die Geschwister von Felix und Till Kummer von Kraftklub stehen ihren älteren Brüdern in nichts nach. Bühnenpräsenz, Performance, Timing und Unterhaltung – alles großartig. Blond geht steil, wir gehen mit.
Die Band Milliarden aus Berlin
Um halb zehn Uhr ist dann die Band Milliarden auf der Bühne und wenn ich sage, dass einige der Jungs in ihren weißen Hosen und Lederjacken wie Luden aussehen, meine ich das im besten Sinne. Überhaupt kommt die Band recht hamburgerisch daher, auch das im besten Sinne. Nur sind sie aus Berlin. Was auch irgendwie passt. Es ist Punk und dann wieder nicht. Es ist wild und laut. Es ist ganz viel Text. Es lohnt sich zuzuhören. Und sowieso. Freiheit ist ne Hure!
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Deichkind ist der Hammer!
Um halb elf ist es dann soweit. Wer darf auf dem Deichbrand nicht fehlen? Na, Deichkind. Ist doch klar..;) Die Sonne ist untergegangen und die Menge macht sich vor der Fire-Stage breit. Ich beneide keine Band, die zur gleichen Zeit auf einer anderen Bühne stehen muss. Tokio Hotel hatten nebenan ihre Technik-Probleme wohl endlich in den Griff bekommen, aber von der Stunde Bühnenzeit blieben netto wohl nur 30 Minuten übrig. Nun geht der Vorhang auf und dann ist eh alles andere egal. Die Menge schreit und die Band liefert. Haut einen Hit nach dem Anderen raus. Die Menge tobt und als die Jungs später noch auf einem Fass durch das Publikum reiten, ist klar. Deichkind ist der Hammer!
Der Samstag startet überraschend lieblich. Die Sonne wagt sich mehr als einmal hinter den Wolken hervor. Ein ungewohntes Bild. Nach der Morgentoilette gegen zwei Uhr mittags geht es dann auch schon wieder los. Schon auf dem Rückweg von den Duschen werde ich nass. Zum Glück habe ich noch das Handtuch um die Schultern…
Von Thees Uhlmann bis zu den Leoniden
Egal. Festival-Planer raus und los. Thees Uhlmann spielt als wir das Festivalgelände betreten. Eine Hymne für Stephen King. Danke für die Angst. Auf der New Port Bühne beginnt jetzt Trille mit seinem Programm. Irgendwer hat es mal Indie-Trap genannt. Ich weiß es nicht. Wozu auch immer ne neue Schublade machen. Muss man ja noch mehr Genres lernen. Als Prokrastinateur kennt Trille das Problem. Ich bin auch dagegen. Und ich bin „Pro“-Fan. Der Song aus 2022 hängt mir noch einen ganzen halben Tag im Ohr.
Um halb sieben starten dann die Leoniden auf der blauen Bühne. Und mit starten meine ich dann wirklich durchstarten. Die komplette Band hat scheinbar ADHS und legt mit einem regelrechten Soundgewitter los. „Its not easy without you“ singt Jakob in Colorless und die Menge tanzt. Was hinlänglich als Indie Rock bezeichnet wird, kommt dem Genre Rock gerade in diesem Song schon sehr nah. Die Band hängt sich richtig rein und der Regen perlt einfach an der Menge ab.
Das Wetter und Von Wegen Lisbeth
Als am Sonntag gegen 16 Uhr der Regen nachlässt, ist der Acker der Wurster Nordseeküste ein einziger großer, brauner Brei. Das Festival war ausverkauft und nach schwierigen Jahren für die Veranstaltungsbranche haben die Gäste des Deichbrands mal wieder bewiesen, dass nicht mal der ergiebigste Regen einen wahren Festival-Besucher aufhalten kann.
Mit Gaffa-Tape wird alles geflickt. Die Gummistiefel werden oben zugeklebt und wer keine Gummistiefel hat, der klebt sich eben Plastiktüten um die Füße oder einfach nur Tape oder geht barfuß, aber keiner bleibt zurück.
Zusammengeflickt und frierend stehen sie da vor der Fire-Stage und Von Wegen Lisbeth singen von Elon Musk und das er nicht ins Berghain kommt und dann passiert es doch, ganz plötzlich drehen sich alle um, denn es wird hell und die Sonne kommt raus und alles ist vergessen, der nasse Schlafsack, die klamme Jeans, der dröhnende Schädel. Denn, dass diese Welt nicht zusammenfällt, liegt nur an deinen Beinen – wenn du tanzt…
Jan Delay und seine Disko No.1 – die Masse feiert und tanzt
Kurz vor acht kommt dann Jan Delay auf die Water-Stage und wer kann da noch still stehen. Jan macht Stimmung und das kann er ja. Der Junge aus Eppendorf startete als einer der Absolute Beginners 1991 und steht jetzt seit mehr als 30 Jahren auf der Bühne und mit Disko No. 1 hat er definitiv eine Combo am Start mit der er jede Menge zum Schwitzen bringt.
Und das Publikum feiert die Band, die untergehende Sonne, das Deichbrand und das wir alle nächstes Jahr wiederkommen. Türlich Türlich…;))