Einmal im Jahr verwandelt sich das idyllische Tal direkt unterhalb der Stadt Rothenburg zwischen Bronnen- und Fuchsmühle, wo sich der Hase und der Igel Gute Nacht sagen, in einen Hexenkessel. Bereits zum 26ten Mal jährt sich dieses Ereignis und sowohl die Rothenburger als auch die Tiere des Waldes scheinen daran gefallen zu finden. Denn eines muss man den Veranstaltern lassen. Wenn es um Sauberkeit geht, machen sie keine Kompromisse. Täglich ziehen Dutzende Umweltteams von Detwang bis Kaiserstuhl durch das Tal, um den ein oder anderen achtlos fallengelassenen Gegenstand einzusammeln. Dass es laut werden würde, war klar.
Aber das es wie dieses Jahr sehr laut, sehr wild und sehr cool werden würde, hatten wir nicht erwartet. Obwohl das LineUp schon einiges in Petto hatte, waren wir doch überrascht wie gut das Publikum und die Künstler aufeinander abgestimmt zu sein schienen.
Nachdem unter anderem die Subways das Festival auf der Steinbruch-Stage bereits am Donnerstag eröffnet hatten, arbeitete das Taubertal-Team am Freitag Nachmittag noch an den letzten Vorbereitungen für die Hauptbühne.
Von Deine Cousin bis Me First And The Gimmie Gimmies
Ab 16 Uhr eroberte Deine Cousine die Sounds For Nature-Stage und wer Ina Bredehorn und ihre Band bereits von Wacken 2023 kannte, wusste was abgehen würde. Die Industriemechanikerin aus Varel hatte mit 14 Jahren ihre erste Band gegründet und im Jahr 2014, als sie bei dem von Udo Lindenberg veranstalteten Nachwuchswettbewerb Panikpreis teilnahm, konnte sie den Altrocker so für sich einnehmen, dass sich daraus eine langjährige Zusammenarbeit ergab. Seit 2017 ist Deine Cousine fester Bestandteil der Liveshows von Udo. In diesem Sinne lieferte die Band heftig ab und das Publikum war begeistert.
Querbeat – 13 Musiker feiern das Leben
Kurz danach machten sich Querbeat auf der Hautptbühne bereit. Die 13-köpfige Brasspop Band aus Köln war zunächst nur aus dem Kölner Karneval bekannt, bis sie ab 2017 dann verstärkt auch überregional und im europäischen Ausland auftraten.
Und auch wenn ich Düsseldorfer bin, muss ich neidlos anerkennen, dass der Kölner Karneval großartig ist und diese Band zurecht auch außerhalb der närrischen Zeit ihr Unwesen treibt.
Als Nächstes kam mit Me First And The Gimmie Gimmies eine Punkrock-Band auf die Taubertal-Stage, die sich dem covern von Popsongs der 60er und 70er Jahre verschrieben hat. Der Leadgitarrist Chris Shiflett von der FooFighters und NOFX-Sänger und Bassist Fat Mike gründeten 1995 diese Band eigentlich nur zum Spass. Platten waren nicht geplant, aber da sich ziemlich schnell der Erfolg einstellte, enthält die Diskografie mittlerweile neun Alben. Die Bandmitglieder, die zum größten Teil noch in anderen erfolgreichen Bands aktiv sind, begeisterten das Publikum schnell und wurden heftig gefeiert.
Gegen 20 Uhr starteten Betterov auf der SFN-Stage. Der ehemalige musikalische Leiter am Freien Theater von Eisenach findet in Berlin 2015 Anschluß an die dortige Musikszene und entwickelt seine musikalische Karriere. Er supportet die Kaiser Chiefs und Milliarden (wir berichteten schon beim Deichbrand) und tritt regelmäßig in Berliner Clubs und Kneipen auf. Ein Multitalent, dass in schon in 2022 dann seine erste, frühzeitig ausverkaufte Tournee bestreiten kann.
Electric Callboy – Man liebt sie oder man hasst sie
Über Electric Callboy, die dann gegen 20:30 Uhr auf der Hauptbühne starten, brauche ich ja nicht wirklich viel zu schreiben. Man liebt sie oder man hasst sie. Die Band lässt keinen Platz für Grauzonen, polarisiert, kann aber seine Fans wie kaum eine andere Band begeistern. Als Nico Sallach das Publikum bittet, für einen melancolischen Song alle Handys rauszuholen und Licht zu machen, sind sofort Tausende am Start. Liegt vielleicht auch daran, dass die Metalcore-Band aus Castrop-Rauxel kaum ruhige Stücke hat und die Fans begeistert sind, aber wer weiß.
Die Handys leuchten, die Sonne geht unter und eine eingeschweißte Fangemeinde singt das berührende Lied aus tiefstem Herzen mit.
Peter Fox und Benjamin Asare bringen das Taubertal zum Staunen
Um 22:30 Uhr startet dann mit Peter Fox der erste Headliner des Festivals. Und er kommt nicht allein. Ganz allein kommt er ja nie. Meist zählt das Orchester schon acht oder zehn Personen. Doch dieses Mal steht er zusammen mit Benjamin Asare, seiner Band, einem handverlesenem Tanzteam und jeder Menge Publikum auf der Bühne.
Die Bühne verfügt über einen Balkon mit zwei Treppenaufgängen, wodurch ein rythmisches Bühnenbild entsteht, weil die Tänzer, jeden Song in einer besonderen Choreografie interpretieren.
Und auch Peter Fox singt seine Lieder nicht wie immer, sondern verändert Tempi und Rythmik, wodurch ein neuer Song ensteht, der dem Alten ähnelt, aber nicht gleicht. Das Publikum ist begeistert und quittieren jedes Lied mit frenetischem Jubel.
Gegen Mitternacht und nach der dritten Zugabe verabschiedet sich eine verausgabte Band von einem glücklichen Publikum.
Regen am Samstag und die Erinnerung an die Kindheit
Es ist Samstag und dieser Sommer erinnert mich wieder an so viele Sommer meiner Kindheit, in der es zuhause regnete und in Italien die Sonne schien.
Nachdem Deichbrand trunken vom Regen und Wacken schon vor Beginn abgesoffen war, durfte der Regen auf dem Taubertal natürlich auch nicht fehlen.
Bei durchaus angenehmen Temperaturen schüttete Petrus gegen 15 Uhr eine schöne Portion aus seiner Badewanne und legte nach den ersten Bands noch einmal eine Schippe nach.
Doch schon wie bei den anderen Festivals diesen Sommer ließ der Regen irgendwann nach und das Partyvolk kehrte vor die Bühnen zurück, um sich an der Musik zu berauschen und im Schlamm zu baden.
Von Heavy Metal bis Rap und dann kam Blackout Problems
Dicht und Ergreifend rappten ab 17 Uhr auf der Hauptbühne und As Everything Unfolds ballerten kurz danach ihren Post-Hardcore aus den Boxen der SFN-Stage. Die Meute tanzte im weichen Modder und als Frank Turner die Menge vor der Hauptbühne trotz des Regens begeisterte, starteten Blackout Problems im Publikum ihren eigenen Moshpit. Der Sänger Mario Radetzky nahm beim dritten Song kurzerhand seine Gitarre und den Mikrofonständer mit in die Menge und spielte auf, während sich das Publikum immer schneller um ihn zu drehen schien.
Doch damit nicht genug. Die Band aus München, die bereits mit Massendefekt auf Tour waren, drehten jetzt erst richtig auf und der Sänger begann sich singend durch die Menge zu bewegen, bevor er anfing, auf die umliegenden Stände und Buden zu klettern.
Über der Cocktail-Bar sang er in fünf Metern Höhe Songs treffsicher seine Lieder, die andere vor lauter Atemnot wahrscheinlich gar nicht mehr heraus gebracht hätten.
Eine Band die man im Auge behalten sollte und wer im Oktober zufällig auf den britischen Inseln unterwegs ist, könnte die Band auf ihrer England-Tournee zwischen Brigthon, Glasgow und Cardiff begleiten.
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Die Band Provinz kennt die Provinz
Wer aus der Provinz kommt, kennt die Provinz, aber kennt er auch Provinz, die Band, die aus der Provinz kommt? Die Band Provinz kennt die Provinz und singt über die Provinz und das macht sie so gut, dass der Platz vor der Hauptbühne am Samstag Abend um halb neun Uhr voll besetzt ist. Es regnet mitllerweile nicht mehr und es gibt definitiv auch keine weißen Turnschuhe mehr, aber das ist auch egal, denn Vincent Waizenegger singt davon, was uns high macht, von Zorn & Liebe und dass er glaubt, dass er heut nicht mehr gehen will und das Publikum will das auch nicht und feiert die Band aus dem oberschwäbischen Vogt hart.
Marteria und das Taubertal
Gegen 22:30 Uhr öffnet sich dann ein letztes Mal an diesem Samstag auf der Hauptbühne der Vorhang und Marteria kommt raus und springt von Level zu Level. Von Lied zu Lied, immer härter.
Reißt die Mauern ein mit seinem Transformer und reißt das Publikum mit durch die Nacht. Und über dem Taubertal kommen immer mehr Sterne zum Vorschein und als wäre nichts gewesen, als wäre kein Tropfen Regen jemals aus diessem Himmel gefallen, steigt die Musik hoch über das Tal entlang der Stadtmauern, wo weitere Zuschauer den Konzerten lauschen, bis hoch in die Nacht über Rothenburg und den Burggarten.
Den Sonntag konnten wir leider nicht mehr für euch erleben, aber wer die Broilers kennt, weiss das da noch einiges ging. Wir waren jedenfalls gut drauf und nächsten Jahr definitiv wieder am Start.
Lasst es euch gut gehen. Mit den besten Grüßen, Mike und Carsten