Heute möchte ich Euch ein Projekt vorstellen, das es in Düsseldorf schon seit fast vier Jahren gibt. Es geht um den „gutenachtbus“. Dazu führte ich ein Interview mit der Leiterin Julia Kasprzyk. Sie ist als Sozialarbeiterin seit der ersten Stunde bei dem Projekt dabei.
Dani: „Kannst du uns kurz schildern was der „gutenachtbus“ genau macht?“
Julia: „Der „Gute Nacht-Bus“ ist ein ausgebauter Mercedes-Sprinter, der als mobiles Ess- und Sprechzimmer für Obdachlose unterwegs ist. An vier Tagen in der Woche bieten wir von 22.00 Uhr nachts bis 0:30 Uhr morgens die Möglichkeit zum Gespräch und zu praktischer Hilfe vom heißen Kaffee, über Kleidung, bis hin zu Notfalltransporten.“
Dani: „Wie kam es zu der Idee und seit wann fährt der „gutenachtbus“?“
Julia: „Es gab eine Lücke in der Versorgung Obdachloser in den späten Abendstunden. fiftyfifty und vision : teilen begannen im August 2011 mit der Planung für den „Gute Nacht-Bus“. Im Dezember 2011 begann die Arbeit an zwei Abenden mit vier ehrenamtlichen Helfern. Heute sind es 40 ehrenamtliche Helfer, die an vier Abenden unterwegs sind.“
Dani: „Kannst du uns die Unkosten für den „gutenachtbus“ kurz aufzählen und erzählen, wie sich das alles finanziert?“
Julia: „Der Bus wurde von fiftyfifty gekauft und ist auch darüber versichert. Der Ausbau wurde von Hannelore Kraft gesponsert. Ansonsten gibt es laufende Kosten, wie Sprit, Parkgebühren, Reparaturen, Material für medizinische Notfallversorgung usw.. Außerdem muss meine Stelle als Sozialarbeiterin finanziert werden, die sehr wichtig ist, denn oft sind die ehrenamtlichen Helfer mit einer Situation überfordert und müssen dann begleitet werden. Wir finanzieren uns ausschließlich über Spenden.“
Dani: „Als Außenstehende: wie muss ich mir die Organisation vom „gutenachtbus“ vorstellen und habt ihr feste Stationen, die ihr Anfahrt?“
Julia: „Jeder Helfer arbeitet an einem Tag in der Woche. So entstehen feste Teams. Wir treffen uns gegen 21:00 Uhr und bereiten alles vor. Kaffee wird gekocht, Kuchen und Brötchen (eine Spende der Bäckerei Puppe) werden verpackt, Klamotten und Schuhe werden je nach Witterung zusammengesammelt. Alles wird im Bus verstaut und dann geht es los in die Altstadt in die Nähe vom „Kommödchen“. Dort steht der Bus von 22:00 bis 23:00 Uhr. In der Zeit von 23:30 bis 0.30 Uhr steht der „Gute Nacht-Bus“ dann am Hauptbahnhof.“
Dani: „Kann eigentlich jeder, der gewillt ist, beim „gutenachtbus“ mitfahren/mitmachen?“
Julia: „Jeder, der über 18 Jahre alt ist kann als ehrenamtlicher Helfer mitfahren. Zur Zeit haben wir allerdings genug freiwillige Helfer für den „gutenachtbus“. Es gibt sogar schon eine Warteliste. Wir können allerdings für Sonderaktionen immer Helfer gebrauchen.“
Dani: „Hat euch das Format „Secret Millionaire“ von RTL inkl. der Spende von Dr. med. Mehmet Akbas überrascht? Wie wurde die Spende eingesetzt?“
Julia: „Ja, wir waren damals wirklich sehr überrascht und hatten wirklich keine Ahnung. Da die Spende von Dr. med. Mehmet Akbas nicht an bestimmte Vorgaben gebunden war, konnten wir das Geld sehr gut für die laufenden Kosten verwenden. Viele Spenden, die wir erhalten sind zweckgebunden, so werden dann z.B. neue Schlafsäcke gekauft. Die normalen laufenden Kosten können so aber oft nicht gedeckt werden, daher sind wir für freie Spenden immer besonders dankbar.“
Dani: „Konnte der Kontakt zu Dr. med. Mehmet Akbas aufrecht erhalten werden?“
Julia: „Nein, bisher kam es noch zu keinem weiteren Treffen.“
Dani: „Wie bist du zum Nachtbus gekommen und welche Aufgabe hast du hier übernommen?“ Julia: „Ich war im August 2011, als der „gutenachtbus“ geplant wurde, bei fiftyfifty im Praktikum im Rahmen meines Studiums. Damals wurde ich gefragt, ob ich Interesse hätte die Leitung zu übernehmen.“
Dani: „Was bedeutet Glück für dich ganz persönlich?“
Julia: „Für mich gehört zu Glück, dass ich es überhaupt empfinden kann. Vielen Menschen fehlt die Wahrnehmung dafür. Außerdem empfinde ich großes Glück in der Natur und mit Tieren.“
Dani: „Wie haben denn Freunde/ Verwandte und Familie auf deine Nachtbus Aktion reagiert?“ Julia: „Da ich in einem sehr sozialen Umfeld aufgewachsen bin, gab es nur positive Reaktionen. Mein Freund erträgt sogar, dass ich ihm öfter mal Socken klaue, die wir für die Obdachlosen benötigen.“
Dani: „Schauen wir mal mal bis Ende des Jahres: was wäre wünschenswert für den „gutenachtbus“?“
Julia: „Viele Menschen denken, solche Projekte sind nur im Winter wichtig. Ich würde mir wünschen, dass wir auch im Sommer nicht vergessen werden. Ich würde mir außerdem wünschen, dass Passanten nicht so oft weggeschauen, wenn Obdachlose hilflos sind. Lieber selber helfen oder einmal zu viel den Rettungswagen rufen.
Und bis Ende des Jahres sollte unser Keller endlich aufgeräumt sein.“
Nach dem Interview lud Julia uns ein, den „Gute Nacht-Bus“ auch live im Einsatz zu sehen. Also fuhren wir mit in die Altstadt. Dort wartete schon ein älteres Ehepaar auf uns. Der Kofferraum ihres Autos war voller Schuhkartons. Auf Nachfrage erzählte die Frau, dass ihr Mann einige Dinge verkauft hätte und für das Geld hätte sie nun neue Schuhe gekauft, die sie hier an bedürftige Menschen verteilen möchte. Die nagelneuen Schuhe fanden natürlich reißenden Absatz.
Inzwischen waren wir mit einigen Besuchern ins Gespräch gekommen und ich wunderte mich sehr, dass ich einige meiner Gesprächspartner nicht unbedingt als Obdachlose erkannt hätte.
Eine besonders schöne Geschichte erzählte uns Horst. Er lebte einige Jahre auf der Straße und wurde irgendwann Verkäufer der Obdachlosenzeitung „fiftyfifty“. Unter anderem verkaufte er regelmäßig sonntags eine Zeitung an einen Geschäftsmann, der auf dem Weg in sein Büro war um auch am Wochenende zu arbeiten. Die beiden kamen regelmäßig ins Gespräch und eines Tages sagte der Geschäftsmann zu Horst: „Ab morgen hast du einen Job!“ darauf erwiderte Horst, dass er dann aber noch eine Wohnung benötige. Der Geschäftsmann telefonierte kurz mit seinem Handy und nach einigen Minuten hatte Horst auch die Zusage für eine Wohnung.
Mir ist klar, dass diese Geschichte ein Einzelfall ist, aber ich habe mich sehr darüber gefreut, dass es Arbeitgeber gibt, die auch Menschen eine Chance geben, die sonst eher vergessen werden. Ich fand den Abend unglaublich interessant und bereichernd. Ich habe Hochachtung vor Julia und den freiwilligen Helfern, die mit großer Aufopferung für die Obdachlosen da sind. Mir wurde bewusst wie gut es mir geht und wie dankbar ich darüber sein darf, eine Wohnung und ein warmes Bett zu haben.
Liebe Grüße,
Dani