Neue Studie enthüllt: Lehrer kämpfen mit Schülerverhalten

von | Apr 24, 2024

Eine Schulbank/ Symbolfoto

Eine Schulbank/ Symbolfoto

niveau-texter

Die aktuellen Herausforderungen für Lehrkräfte sind schwieriges Schülerverhalten und eine heterogene Schülerschaft. Dies zeigt das Deutsche Schulbarometer 2024, das im Auftrag der Robert Bosch Stiftung durchgeführt wurde. Die repräsentative Befragung von Lehrkräften an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen wurde vom Umfrageinstitut Forsa im November 2023 durchgeführt. Neben den größten Herausforderungen wurden die Lehrkräfte auch zu Themen wie Förderangeboten, Inklusion, Belastungen, Digitalisierung und Zukunftskompetenzen befragt. Das Schulportal hat die zehn wichtigsten Ergebnisse des Schulbarometers zusammengefasst und mit Infografiken veranschaulicht.

Die größten beruflichen Herausforderungen

Für 35 Prozent der befragten Lehrkräfte ist das Verhalten der Schülerinnen und Schüler die größte Herausforderung. Im Vergleich zum vorherigen Schulbarometer 2023 hat sich dieser Wert kaum verändert (damals 34 Prozent). Jede dritte Lehrkraft (33 Prozent) betrachtet die Heterogenität der Schülerinnen und Schüler als größte Herausforderung. An dritter und vierter Stelle stehen eine zu hohe Arbeitsbelastung bzw. zu wenig Zeit (28 Prozent), gefolgt von Personalmangel (26 Prozent). Die Bildungspolitik und die damit verbundene Bürokratie belegen den vierten Platz (21 Prozent). Die Arbeit mit den Eltern wird von 18 Prozent der Lehrkräfte als größte Herausforderung angesehen. Mehrfachnennungen waren bei dieser Frage erlaubt.

Dringendste Bedarfe an Schulen

Was benötigen Schulen in Zeiten des Mangels? Es ist keine Überraschung: Die meisten Lehrkräfte geben an, dass mehr Personal der dringendste Bedarf an ihrer Schule ist (41 Prozent). Etwa ein Drittel (35 Prozent) wünscht sich hauptsächlich Investitionen in die Sanierung und Renovierung des Schulgebäudes. An dritter Stelle steht der Wunsch nach kleineren Klassen (21 Prozent). Eine allgemeine Verbesserung der Arbeitsbedingungen wird von 17 Prozent der Lehrkräfte gewünscht. Gleichauf mit 9 Prozent nennen die Lehrkräfte eine bessere Zusammenarbeit im Kollegium und die Möglichkeit zum Teamteaching. Auch hier waren mehrfache Nennungen möglich.

Förderangebote für Schülerinnen und Schüler

Der Anteil der Kinder, die die Mindeststandards nicht erreichen, nimmt zu. Auch die Leistungsspitze schrumpft. Daher werden die Angebote für Kinder mit besonderem Förderbedarf von den Lehrkräften im Schulbarometer bestenfalls als befriedigend eingeschätzt – sowohl in Bezug auf die Quantität als auch auf die Qualität der Angebote. Die besten Qualitätsnoten erhalten die Förderangebote für leistungsschwache Schülerinnen und Schüler (Note 3,0), gefolgt von den Angeboten für Schülerinnen und Schüler mit Lernstörungen und schlechten Deutschkenntnissen (Note 3,1). Am unteren Ende stehen die Angebote für Hochbegabte sowie die Angebote zur Förderung der ethnischen und kulturellen Identität der Schülerinnen und Schüler. Der Umfang dieser Angebote wird von den Lehrkräften als nicht ausreichend bewertet (Note 4,3). Auch die Qualität dieser Angebote wird am schlechtesten bewertet (Note 3,6).

Einstellungen zur Inklusion

Drei Viertel der Lehrkräfte (74 Prozent) sind der Meinung, dass eine inklusive Beschulung den Unterricht für alle Schülerinnen und Schüler eher nicht oder überhaupt nicht verbessert. Etwa ein Viertel der Lehrkräfte sieht in inklusiver Beschulung eine Verbesserung des Unterrichts für alle Schülerinnen und Schüler. Eine positivere Einstellung gibt es zur Frage, ob eine inklusive Beschulung auch sehr unterschiedliche Schülerinnen und Schüler ihren Möglichkeiten entsprechend fördert. Dieser Aussage stimmen 43 Prozent der Lehrkräfte zu. Knapp die Hälfte der Lehrkräfte (45 Prozent) betrachtet Inklusion als Gewinn für alle Schülerinnen und Schüler. Ein Großteil der Lehrkräfte (81 Prozent) fühlt sich kompetent genug, um ihr Unterrichtsangebot an den individuellen Lernstand ihrer Schüler anzupassen und effektiv mit unterschiedlichen Lernvoraussetzungen umzugehen. Etwa zwei Drittel (66 Prozent) der Lehrkräfte fühlen sich in der Lage, den Unterricht an unterschiedliche Lernbedürfnisse anzupassen. Darüber hinaus sind 51 Prozent der Lehrkräfte der Ansicht, dass sie ihren Unterricht so gestalten können, dass er den Bedürfnissen aller Schülerinnen und Schülern gerecht wird.

Berufliche Zufriedenheit

Lehrkräfte und Schulleitungen sind im Durchschnitt sowohl mit ihrem Beruf als auch mit ihrer Schule zufrieden. Insbesondere die Schulleitungen äußern eine hohe Zufriedenheit mit ihrer Arbeit an der Schule. Es gibt jedoch Unterschiede zwischen den Schularten. Die Lehrkräfte an Berufs- und Förderschulen zeigen die höchsten Zufriedenheitswerte, gefolgt von den Lehrkräften an Gymnasien und Gesamtschulen mit Sekundarstufe II. Am wenigsten zufrieden sind die Lehrkräfte an Grundschulen.

Belastungserleben von Lehrkräften

Trotz hoher Berufszufriedenheit geben über 30 Prozent der Lehrkräfte und Schulleitungen an, mehrmals pro Woche erschöpft zu sein, 10 Prozent sogar täglich. 41 Prozent sind mindestens einmal pro Woche von ihrer Arbeit frustriert. 38 Prozent fühlen sich mehrmals im Monat oder häufiger am Ende des Schultages richtig deprimiert.

Umgang mit digitalen Medien

Über zwei Drittel der Lehrkräfte (69 Prozent) halten sich für kompetent, digitale Medien im Unterricht einzusetzen und Lerninhalte effizient mit digitalen Medien zu vermitteln (70 Prozent). Zwei Drittel geben ebenfalls an, dass sie ihren Schülern geeignete Lern-Apps empfehlen können. Des Weiteren berichten 61 Prozent der Lehrkräfte, dass sie regelmäßig digitale Angebote wie Lernprogramme im Unterricht zur Lernförderung einsetzen. Trotz des hohen Anteils an Personen, die sich als kompetent einschätzen, fühlen sich nur 51 Prozent der Lehrkräfte auf diese Aufgabe vorbereitet.

Teilnahme an Fortbildungen

Laut Schulbarometer bilden sich Lehrkräfte vor allem durch Fachliteratur (65 Prozent) sowie durch Präsenz- und Onlineseminare weiter (Präsenz: 57 Prozent; Online: 56 Prozent). Deutlich seltener nutzen Lehrkräfte informelle Angebote wie Bildungskonferenzen oder vernetzen sich mit anderen Kollegen (jeweils 21 Prozent). Interessant ist hier vor allem der Vergleich mit dem Ausland. In den Teilnehmerländern der TALIS 2018-Studie geben etwa doppelt so viele Lehrkräfte an, Bildungskonferenzen zu besuchen (49 Prozent) oder sich an internen oder externen Netzwerken zu beteiligen (40 Prozent). Generell weisen sowohl international als auch in Deutschland tätige Schulleitungen höhere Teilnahmequoten an allen Fortbildungsformaten auf.

Psychosoziale Unterstützung an Schulen

43 Prozent der Lehrkräfte beklagen eine unzureichende Unterstützung für psychisch belastete Schülerinnen und Schüler an ihrer Schule. Nur etwa jede zweite Lehrkraft an einer Brennpunktschule hält die Unterstützung durch Schulpsychologie und Schulsozialarbeit für ausreichend. Auch zwischen den Schulformen gibt es große Unterschiede. An Gymnasien und beruflichen Schulen betrachten rund zwei Drittel der Lehrkräfte (66 Prozent) die psychosozialen Angebote als ausreichend. Am untersten Ende stehen Grundschulen (45 Prozent) und Förder- bzw. Sonderschulen (50 Prozent). Ähnliche Unterschiede zwischen den Schulformen zeigen sich auch bei einem Konzept zur Vermittlung psychisch belasteter Schülerinnen und Schüler an ein außerschulisches Unterstützungsnetzwerk.“

Zukunftsfähige Fähigkeiten

Eine überwältigende Mehrheit (68 Prozent) der Lehrkräfte betrachtet soziale und Selbstkompetenzen als die wichtigsten Kompetenzen für die Zukunft. Insbesondere werden Empathie (31 Prozent), Eigenverantwortung (20 Prozent) und Selbstbewusstsein (16 Prozent) genannt. Auch Fachwissen (47 Prozent) und kognitive Fähigkeiten (31 Prozent) werden von den Lehrkräften als bedeutsam angesehen. Ein weiteres Drittel (31 Prozent) hält die Vermittlung gesellschaftlicher Werte wie Toleranz, Respekt und Demokratiefähigkeit für zukunftsrelevant.

Informationen zur Studie:

Das Deutsche Schulbarometer 2024 ist eine von der Robert Bosch Stiftung beauftragte Lehrkräftebefragung. Der Ergebnisbericht kann auf der Website der Robert Bosch Stiftung heruntergeladen werden.

Für das Schulbarometer 2024 wurden vom 13. November bis zum 3. Dezember 2023 insgesamt 1.608 zufällig ausgewählte Lehrkräfte durch das Meinungsforschungsinstitut Forsa online befragt. Die Ergebnisse sind mit einer Fehlertoleranz von plus / minus 3 Prozentpunkten repräsentativ für Lehrkräfte in Deutschland.

Um die aktuelle Situation der Lehrkräfte über einen längeren Zeitraum beobachten zu können, wird das Schulbarometer nun als Längsschnitt-Panelstudie durchgeführt. Durch die wiederholte Befragung derselben Lehrkräfte können Veränderungen künftig besser sichtbar gemacht werden.