Der kürzeste Film ist nur eine Minute lang, der längste 43: die 62. internationalen Kurzfilmtage Oberhausen stehen wieder bevor. Ein Blick in das diesjährige Programm vom 5. bis 10. Mai verrät: es ist noch dichter geworden. Die Selektion wird erneut für jeden Besucher eine wirkliche Herausforderung. 550 Filme aus 55 Ländern und dazu Podiumsdiskussionen, Musikvideos, Mitmachaktionen für Kinder, Ausstellungen und Livedarbietung: manches wird es davon erstmalig und nur einmal geben. So präsentiert der Künstler Sun Xun eine Performance im Zentrum Altenberg. Seine Werke entstehen direkt an den Wänden live vor Publikum, eine Arbeit, wie sie bislang außerhalb Chinas noch nie zu sehen war.
Mit diesem Programmpunkt brechen die Veranstalter der Kurzfilmtage ein weiteres Terrain auf. Das künstlerische Schaffen vieler Gäste ist ohnehin nicht nur auf das Filmemachen beschränkt, sondern verwoben mit anderen Stilmitteln und Ausdrucksformen. Da lag es nahe, einmal mehr die Künstler in den Fokus zu rücken.
Die Besucher können sich auf 71 (von 151 Filmen in den Wettbewerben) Weltpremieren freuen, was bislang Rekord auf den Kurzfilmtagen ist. Es werden zirka 1000 akkreditierte Fachbesucher aus aller Welt erwartet. 18.000 Eintritte wurden im vergangenen Jahre verzeichnet.
Neben den Wettbewerben „präsentieren die Kurzfilmtage unter dem Titel „El pueblo“ (Das Volk) ein großes thematisches Programm, das einer „Neuen Welle“ des lateinamerikanischen Films gewidmet ist, die in Europa noch zu entdecken ist“, heißt es seitens der Veranstalter. Inhaltlich geht es um das Verständnis, wer und welchen Umständen „das Volk“ ist oder sein will.
Auch aus NRW kommen natürlich einige Beiträge.
Die diesjährigen Profile sind Künstlern und Filmemachern gewidmet. So gibt es eine Retrospektive zum eben erwähnten Sun Xun aus China und Josef Dabernig aus Österreich. Diese werden von einer Ausstellung mit Fotos, Malerei und Zeichnungen begleitet.
Ebenfalls stehen drei Frauen im Mittelpunkt der weiteren Retrospektiven: Anne Haugsgjerd aus Norwegen, Jeanne Faust aus Deutschland und Racquel Chalfi aus Israel, eine der bekanntesten Dichterinnen ihres Landes, die in Verbindung mit einem Kurzfilm auch aus ihren Arbeiten lesen wird.
Ein noch neuer Programmpunkt, der erst seit wenigen Jahren, zu den Filmtagen gehört, ist die Präsentation von Filmarchiven. Neben den Einzelprogrammen runden fünf Podiumsdiskussionen zu Themen wir Filmausbildung und -finanzierung sowie kuratorische Praxis das Programm ab. Einer der prominenten Gäste ist hier beispielsweise der Münchener Dominik Graf, der zum Thema „Wer braucht Filmschulen und wozu?“ referieren wird.
Festivalleiter Lars Henrik Gass. „Wer verstehen will, wo das Kino sich hin entwickelt und welche Alternativen eine Gesellschaft besitzt, kann heute in kurzen Filmen besser als in langen eine Vielzahl von Entwürfen entdecken.“