„Warum knien die Mädchen nackig am Zaun?“ (Kind zu seiner Mama), „Wir haben Sonntag ein Akt-Shooting im Club. Magst du mitkommen?“ (die Dame des Hauses), „Doch diese Zeit – ist deine Zeit“ (Security-Typ mit Joint)
Drei Zitate, drei mal Berlin und der Start mit uns beiden war echt nicht einfach.
Mit gepackten Koffern stehe ich an meiner Eingangstür und warte auf einen Kumpel, der mich zum Flughafen bringen soll. „Hey, steh schon unten und warte. Wo bleibst du?“. „Ach Fuck – das war heute???“. Aller Anfang ist schwer, … aber nichts hält mich auf. Flieger erwischt. LollaBerlin, ich komme!
Nun stand ich da. In Berlin, dessen angebliche Magie und Anziehung sich mir nie erschlossen haben, an einer hölzernen hohen Eingangstür vor einem roten Haus am wunderschönen Tempelhofer Ufer und klingelte bei meiner airbnb Unterkunft.
Nichts tat sich. Auch nicht beim zehnten Mal.
In der Wohnung brannte Licht. Der Vermieter war nicht zu erreichen und der einzige Ausweg schien der Griff zur airbnb-App. Ich klicke „Probleme mit dem Vermieter“. „Sie wurden ausgesperrt“ (scheint wohl öfter vorzukommen) klick. „Vielen Dank. Wir werden Ihre Nachricht schnellstmöglich bearbeiten!“. WTF??? Okay – tief durchatmen. Es wird doch wohl noch ne andere Option geben – aha – eine Notfallhotline für die dringstens notfalligsten Anliegen, die ein airbnb-Kunde nur haben kann. Perfekt.
„Vielen Dank, dass Sie sich an die Notfallhotline von airbnb wenden. Die Wartezeit beträgt 50 Minuten.“ – ihr wollt mich doch alle verarschen? Ich klingele bei den Nachbarn und stoße bis zur vermeintlichen Wohnungstür vor, höre Musik und Schritte. Nach einer ganzen Weile gegen die Tür-Gehämmere öffnet sich diese schließlich.
Als ich am Samstagmorgen aufwachte, brummte mein Schädel etwas – alles an und um mich herum roch nach kaltem Rauch. Schlimm abgestürzt war ich nicht, aber was Freitagabend noch passierte… damit hatte ich wirklich nicht gerechnet.
Als sich die Tür öffnete, wurde ich ersteinmal in englisch begrüßt. Im Wohnzimmer saßen noch zwei weitere Damen, die beide auch kein Deutsch sprachen. Mit einem Lächeln auf den Lippen, versuchte mir die Dame des Hauses zu verkaufen, dass es heute wohl noch etwas lauter werden würde, wenn dass denn okay sei – denn sie wollten in der Wohnung etwas vorglühen.
Nach und nach kamen immer mehr Menschen und alsbald stellte sich heraus: DAS war wohl die Berliner Magie von der alle so schwärmten.
Gelandet war ich im Technoherzen Berlins. Die Dame des Hauses war Bookerin für Berliner Clubs und organisierte eigene Festivals. Die Wohnung war voll mit Artists, DJs und einfach nur unglaublich herzlichen und netten Menschen. Ich hatte jeden Tag meinen persönlichen DJ und alle hatten Respekt dafür, wenn ich dann doch mal schlafen musste. Danke für diese unglaubliche Gastfreundschaft. Alleine das war die Reise wert!
Nach einer Kopfschmerztablette machte ich mich am Samstag auch auf zum Festivals. Man merkt, dass das Lollapalooza auf Familien ausgerichtet ist (oder vielleicht war es auch der innerstädtischen Lage des Tempelhofer Airports geschuldet) – zumindest waren die Öffnungszeiten schonmal ungewöhnlich. Start um Elf und der letzte Act um 21:30 Uhr.
Ich muss sagen: das hat super gepasst!
Das Lollapalooza präsentierte sich am ersten Tag sehr gemischt… wie sein Publikum. Mit fast 2.000 Kindern, dem grünen Kiez, Fun-Areas für jung und alt glich es auf der einen Seite einem Erlebnispark für die ganze Familie. Auf der anderen Seite waren da insgesamt fünf Bühnen für die insgesamt knapp 50.000 Besucher auf dem Tempelhof Airport.
Dieser glänzte am ersten Tag mit technischen Problemen der Kanalisation, was die Situation für manchen Besucher nahezu unerträglich machte. Ein Großteil der vorbildlichen Toiletten mit Wasserspülung funktionierten nämlich nicht. Es wurde überall hingestrullert, selbst die Mädels erleichterten sich am Zaun, wenn eine Stunde anstehen zu lang wurde.
Auch die Essenstände waren restlos überfordert. Freunde von mir berichteten am Ende des Tages sie hätten mind. drei Stunden des Tages in Schlangen gestanden und super viel verpasst. Schade. Das geht besser.
Was sie verpasst haben war ein wirklich gelungener Auftakt mit James Bay, MS MR, den Mighty Oaks, Paros Stellar Band, Franz Ferdinand & Sparks, Bastille, Deichkind und den Libertines. Das war mein persönliches Line-Up für Samstag.
Bei den Libertines um den skandalträchtigen Pete Doherty war ich mir bis zum Beginn der Show nicht sicher, ob sie überhaupt auftreten. Aber Sie kamen und haben eine wirklich gute Show abgeliefert, auch wenn Pete sich dachte, direkt in den ersten Minuten seinen Mikrofonständer Richtung Fotograben kicken zu müssen und dabei fast einen Kollegen erwischt hätte.
Solche Bands teilweise am helllichten Tag zu sehen ist Fluch und Segen für den Fotografen – für den Zuschauer ungewöhnlich – aber alles in allem doch irgendwie angenehm. Einen richtigen Höhepunkt nehme ich vom Samstag eigentlich gar nicht mit. Er war stimmig, etwas stressig und insgesamt sonnig und warm. Was will man mehr?
Am Sonntag präsentierte sich das Lollapalooza auf einmal als eines der wohl am schnellstagierenden Festivals. Die Toiletten funktionierten allesamt wieder, zusätzlich waren gefühlt 50 neue Dixies und 10 neue Essenstände auf dem Gelände. Respekt! Das ging schnell. Noch besser für alle Samstagsfrustrierten war die Entschuldigung: 20€ Rabatt für das Lollapalooza 2016 in Berlin für alle Teilnehmer von 2015. Das gefällt mir.
Das Line-Up vom Sonntagmittag war nicht so ganz meins. Also hatte ich Zeit, in Ruhe das Gelände zu erkunden, an der Pressekonferenz teilzunehmen und die Bilder des ersten Tages zu sichten und zu sichern.
Mein Line-Up für Sonntag war denn dann Kygo, die Beatsteaks, Sam Smith, Seed und Muse.
Die Beatsteaks können eines richtig gut: abliefern. Show und Songs kommen super beim Publikum an. Die Stimmung kocht und es war das erste Konzert, wo wir im Fotograben zurücktreten mussten um Platz machen, weil Leute aus dem Publikum gefischt wurden.
Sam Smith hat wunderschön romantisch performt und manchmal wusste ich einfach nicht, wer lauter ist: die Mädels im Publikum oder Sam Smith.
Selbst wer kein Seed Fan ist: Seed in Berlin… das ist einmalig.
Überschwengliches Publikum, eine Band die ohne Punkt und Komma einen Song in den nächsten mixt… und ganz viel Gras in der Luft. Seed hat Stimmung gemacht, dass kein Fuß stillstand – ganz sicher einer der Höhepunkte des LollaBerlin!
Als Abschluss gab es dann noch Muse auf die Ohren, die mit ihrem klaren Rocksound die Massen verzauberten und sich sogar hinreißen ließen, einen CHVRCHES Song zu covern.
Berlin, Lollapalooza, das war ein echt schönes Zusammenspiel… mit vielen Ecken und Kanten, die euch so liebenswert machen. Dankeschön dafür.